Essen und Trinken in Kuba
Kubatour 2000
von Thorsten Bühn

Essen und Trinken
Restaurants, Bars, Paladares, Bier, Rum, Zigaretten, Zigarren


Essen und Trinken in Kuba ist genauso abwechslungsreich und vielschichtig wie die karibische Küche selbst. Nicht nur der Gourmet, sondern auch derjenige, der Land und Leute studieren möchte, kommt voll auf seine Kosten. Dabei gilt stets die Faustregel:
Zunge weg von den Hotels !

Die Hotels, namentlich diese mit dem mitleidigen "all inclusive"-Angeboten, bieten oft touristengerecht die Alternativen zwischen "französischen", "spanischen" und "italienischen" Tagen. Nur dienstags oder wann auch immer ist ein "karibischer" Küchentag angesagt, an dem dann querfeldein gediegene Kantinenkost aus der Region offeriert wird.

Trauen Sie sich in die örtlichen Restaurants zu den Kubanern !
Ich meine damit auch nicht die Restaurants der luxuriösen Nachbarhotels, sondern die kleinen Kaschemmen der Einheimischen, wo sich viele der Kubaner die liberalisierte Gesetzgebung zunutze und sich selbstständig gemacht haben. Das sind meist kleine, aber niedliche, oftmals mangels Kasse nicht gerade urgemütliche, aber dennoch authentische Lokalitäten, in denen sich eine Einkehr lohnt. Auch wenn Sie nicht sofort das Menü für 4 Personen bestellen: Trinken Sie ein Bier oder einen handgepressten Orangensaft und machen Sie sich ein Bild vom Ambiente und der Speisekarte und entscheiden in Ruhe, ob Sie eventuell am nächsten Tag wiederkehren, um dann voll zuzuschlagen.

In den Städten und auch teilweise in den Dörfern finden sich einige Straßenstände,
mit denen sich die Kubaner durch dem Verkauf von Getränken und Snacks etwas Geld hinzuverdienen. Achten Sie auch auf unscheinbare, meist dilletantisch bemalte Holzschildchen an den Hauseingängen, oft wird dort ein "Café criollo" (Kaffee kreolisch) oder etwas kleines Eßbares angeboten. Wagen Sie sich in die so gekennzeichneten Flure und Hinterhöfe, Ihr Mut wird nicht nur mit einer handgemachten Stärkung belohnt, sondern Sie kommen auch in herzlichen Kontakt mit den Einheimischen, werden oft noch zum Bleiben aufgefordert oder in einen netten Smalltalk (zur Not mit Händen und Füßen) eingeladen. Der neueste Schrei ist der Pizzaverkauf. Ein entsprechender Teigfladen mit wirren, aber interessanten Gemüse-/Fleischkombinationen ist oft schon für 2 US$ zu haben, in einem Dorf erwarb ich sogar für 1,50 US$ ein bratpfannengroßes Stück, das zwei Personen anstandslos sättigte.

Der beste Weg zum kulinarischen Genuß mit engem Kontakt zum kubanischen Volk führt jedoch in einen sogenannten Paladar. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als eine lizensierte Bewirtung im privaten Wohnzimmer. Die Gesetzeslage erlaubt den Erwerb von 4er- und 12er-Lizenzen (Anzahl der Personen, die gleichzeitig bewirtet werden dürfen) und das entscheidet jeder Antragsteller je nach Größe seines Hauses oder seiner Terrasse. Selbstbewußt malen die Lizenzinhaber dann an repräsentativer Stelle der Hauswand einen wohlklingenden Namen auf den Putz (sehr trendy ist dabei der Name "Brisas") und warten sehnsüchtig auf die Gäste. Das haben die Hobbyköche auch bitter nötig, denn für die Lizenz sind an den Staat Pauschalgebühren in US$ abzuführen, egal ob und wieviel Umsatz gemacht wurde. Seien Sie gewiß, Sie sind immer willkommen, auch wenn es hin und wieder den Anschein hat, als ob Sie mitten in den Familienalltag hineinplatzen. Sollten durch Ihren überraschenden Besuch einige Indisponibilitäten entstehen, kein Problem: Die Gäste werden mit einer großen, gekühlten Karaffe Orangensaft (selbstverständlich handgepresst) auf die Veranda verfrachtet, wo die obligatorischen Schaukelstühle und ein Ausblick auf das Straßenleben warten. Während man so auch schnell Kontakt zu den neugierigen Nachbarn knüpft, wird eilends der Herd angeheizt, die Tochter zum Gemüseputzen abkommandiert und die Großmutter zur Bedienung der zweiten Bratpfanne eingeteilt. Was dann auf den Tisch kommt, nennt sich zwar Menü für eine Person, aber es reicht locker für zwei hungrige Touristenmäuler.
Hier das Beispiel einer Menükarte in der richtigen Reihenfolge:
1. Gang ein kaltes Getränk (Bier oder Saft)
2. Gang ein Salat als Vorspeise
3. Gang Fisch oder Hühner- oder Schweinefleisch mit Bohnen, Reis oder Süßkartoffeln
4. Gang Süßspeise (z.B. ganze geschälte Mango oder kandierte Melone mit Käse)
5. Gang Café criollo
Nicht selten werden noch weitere Kleinigkeiten als Gang 2a oder 4a gereicht, alles in allem bleibt es jedoch immer bei dem Standardpreis bei sage und schreibe 10 US$ für das ganze Menü. Verlangen Sie ein zweites Besteck und bewältigen Sie gemeinsam diese überaus reichhaltige Herausforderung, diätgestählte Hungerleider können sich sogar zu dritt an das Menü wagen und werden dennoch satt. Und vergessen Sie nicht: Hier kocht noch die Oma, so dass der Gang in das fremde Wohnzimmer zwar alle gourmetischen Sinne beansprucht, aber die Reisekasse spürbar entlastet, denn im Restaurant geht es (auf eine Person gerechnet) los mit 6 US$ für das Hauptgericht, 2 mal 1 US$ für die Beilagen Bohnen und Reis oder Kartoffeln, noch mal 1,50 US$ für eine kleine Salatbeilage, nicht zu vergessen 2 mal 1 US$ für die notwendigen Getränke, so dass man hier schnell über 10 US$ je Person im Restaurant auf den Tisch blättern kann. Aprospos Getränke: Versuchen Sie nicht, Ihr Essen mit kubanischem Wein zu krönen. Denn ungeachtet des beneidenswerten Geschicks der Kubaner im Tabak- und Zuckerrohranbau lösen Sie mit dem kubanischen Wein bestenfalls den Kalk von Ihrer Zahnprothese.

Tabak ist auch ein wichtiges Stichwort. Zigarre rauchen gehört in Deutschland zum Image des Filzhut tragenden Rentners, der den Kindern das Spielen auf dem Hof verbietet. In Kuba ist das völlig anders. Paffen Sie auf der Insel, was das Zeug hält ! Probieren Sie mehrere Sorten, egal ob nach dem Essen oder beim Lauschen des Karibikwindes in den Palmwedeln über Ihrer Hotelterrasse. Bleiben Sie von mir aus auch Nichtraucher, aber versuchen Sie mit dem Rauch einer kurzen, kleinen Zigarre das Fluidum dieses Landes einzufangen. Zigarren werden Ihnen an jeder Straßenecke angeboten, oft sind es Chargen aus jenen Kontingenten, die die Tabakarbeiter monatlich (zum Eigenverbrauch) der Produktion entnehmen dürfen. Diese Zigarren sind also nicht unbedingt schlechter als die im Laden, jedoch auf der Straße nur unwesentlich billiger als im Geschäft. Lassen Sie sich seitens der Straßenhändler nicht zu Großkäufen überreden, denn es kann doch schon sein, dass es sich (für Sie als Hobbypaffer nicht unbedingt erkennbar) um zweite oder dritte Wahl handelt. Denken Sie aber auch daran, dass der Straßenverkauf für viele die einzige Dollarquelle darstellt. Dementsprechend sind die Erstangebote sehr hoch und damit verhandelbar, aber der Kubaner handelt schon seit Jahren auf der Straße und Sie erst seit Urlaubsbeginn, so dass er sich in der Rolle viel wohler fühlt als Sie.
Für eine kleine gute Zigarre sollten Sie nicht mehr als 0,50 US$ ausgeben, die größeren dürfen dann schon mal 1 - 2 US$ kosten, namhafte Torpedos für den Normalverbrauch bis zu 5 US$. Bevor Sie dann noch teurer einkaufen, addieren Sie bitte im Kopf die Anzahl Ihrer nächsten Hochzeiten, Taufen und Lottogewinne, um eine anlassgerechte Stückzahl zu erwerben. Sollte sich später in Deutschland unverhofft Nachwuchs einstellen oder hält eine Ehe im Bekanntenkreis doch solange, dass es sich lohnt, eine silberne Hochzeit zu feiern, können Kuba-Zigarren ohne Umschweife nachgeordert werden: bei House of Tobacco oder bei Cigarworld (beide deutsch).

Vertraut man den Filmen über Kuba, scheint Londoner Nebel ein strategischer Schachzug kubanischer Militärs zu sein, die den stetigen West-Ost-Passat ausgenutzt haben. Denn Hinz und Kunz, Jung und Alt scheinen im durchgehenden Drei-Schicht-System an den Zigarren zu paffen. Dem ist leider in Wirklichkeit nicht mehr so. Die schwierige finanzielle Lage der Familien schlägt sich auch restriktiv auf die Laster nieder: Der Kubaner qualmt nunmehr notgedrungen billige "cigarros" (Zigaretten) statt der traditionellen "tobacos" (Zigarren), im Volksmund werden die Zigarren auch "puros" genannt. Sicherlich haben Sie als typisch europäischer Zigarettenliebhaber eben schon gestutzt, tatsächlich will ich Sie bewußt auf diese sprachliche Feinheit aufmerksam machen, damit Ihnen unliebsame Überraschungen erspart bleiben. Was zahlt also ein Raucher, der im Laden oder an der Tankstelle ordnungsgemäß seine "cigarros" zu kaufen wünscht ? In der Regel kann er sich entscheiden zwischen den einheimischen "popular" (Packung 0,35 - 0,50 US$) und den einschlägigen europäischen Marken zu 2 - 3,50 US$), die Preise je nach Kategorie des Ladens / der Tankstelle.

Und noch ein Accessoir gehört zu Kuba wie kein anderes: Der Rum. Es gibt ihn in allen Läden und Varianten, 3 Jahre, 5 oder 7 Jahre, die Preise schwanken im Laden je nach Qualität zwischen 3 und 6 US$ für eine 0,7 l-Flasche.
Eine schauerliche Rum-Variante gibt es noch als Industrie-Version, welche im Blecheimer verkauft wird und vor allem am Wochenende überall bei den Einheimischen die Runde macht. Gesöff vom Tankwagen gibt es übrigens auch beim Bier, welches dann "fruta bomba" heisst. Grundstoff ist nicht Hopfen, Malz und Wasser sondern die Papaya-Frucht, die zu Bier vergoren wird und dem "Getränk" dadurch einen schalen und leicht säuerlichen Geschmack verleiht. Nur hartgesottene Touristen sollten sich anstellen, wenn dieses Gebräu am Tankwagen in mitgebrachte Behältnisse ausgeschenkt wird. Doch zum richtigen Bier weiter unten noch mehr ...

Über die Untauglichkeit der kubanischen Weine habe ich weiter oben schon einige Worte verloren, wenn Sie ihn probieren möchten, investieren Sie im Geschäft 3 - 4 US$ die Flasche, für 1 oder 2 US$ mehr bekommen Sie dann aber schon trinkbare spanische oder südamerikanische Importweine.

Für die proletarischen Genießer gibt es auf Kuba aber auch die verschiedensten Sorten Bier zu entdecken. Diese Biere werden vornehmlich im Joint Venture mit italienischen oder kanadischen Brauereien hergestellt, die ja auf ihre Weise weltweit ihren Ruf als Bierbrauer festigen konnten. Seien Sie also nicht verwundert, wenn das Dosenbier dünn wie amerikanisches Bier oder einfach überhaupt nicht wie eben italienisches Bier schmeckt. Ungefragt wird einem überall die gängigste Sorte "Cristal" auf den Tisch gestellt (0,65 - 1,50 US$ je nach Laden / Hotel), fragen Sie aber auch nach "Mayabe", einem wirklich trinkbaren Starkbier, das deutschem Bier in etwa gleich kommt. Im Westen Kubas (Provinz Pinar del Rio) wird in nostalgischen Flaschen auch noch das "Princess" angeboten (0,50 - 1,00 US$), das man nicht unprobiert lassen sollte. Wer auf Nummer sicher gehen will, macht mit "Lagárto" nichts falsch, denn es wird in Holland gebraut und nach erfolgreicher Schiffspassage in Kuba verkauft. Lágarto heisst "Echse" und eine ebensolche ziert auch das Etikett dieses Importbieres.

Kommen wir zur Gesundheitsabteilung dieses Exkurses, den Fruchtsäften. Hier findet sich eine unerschöpfliche Vielfalt an exotischen Drinks, die sowohl pur als auch in Kombination mit Rum ein Hochgenuß sind. Egal, ob Mango-, Papaya-, Cassis- oder Tamarindensaft, lassen Sie sich von dem Aroma fremder Sorten weder erschrecken noch verunsichern. Auch hier gilt: Probieren, probieren, probieren. Und ein handgepresster Mangosaft mit Eisschnee ist mindestens genauso erfrischend wie ein prickelndes Bier. Mein persönlicher Favorit mit Tendenz zur Sucht ist jedoch Zuckerrohrsaft. Zum Leidwesen aller vom Zuckerrohrsaft Abhängigen ist dieser nicht transportabel. Während Sie getrost literweise Papayasaft im Urlaubsgepäck mit nach Hause schleppen können, gibt es "guarapa" (Zuckerrohrsaft) weder im Tetrapack noch in der Flasche. Er fermentiert nach einem Tag und lässt sich auch nicht konservieren. Lassen Sie daher keine Gelegenheit aus, die für Touristen zahlreich aufgestellten Handpressen abzugrasen, an denen Ihnen ein wettergegerbter Kubaner einen Meter Rohr in einen Becher presst. Immerhin ergießen sich aus 1,5 m langen Zuckerrohr ca. 0,5 Liter Saft. In besonders geschaffenen Launen sollten Sie den Zuckerrohrsaft auch mit Rum im Verhältnis 1 : 5 mischen und Sie werden nie wieder etwas anderes Trinken wollen.
Restaurant in Havanna
Wie hier in Havanna gibt es Restaurants, in denen man sich bei Ventilator und traditioneller Musik lukullisch verwöhnen lassen kann.


Standard-Touristenbar auf dem Land
In der Provinz wird den Touristen gerne gegen Dollar ein spartanisches, aber wenigstens durstlöschendes Angebot offeriert.


mondaener Strassenimbiss in Havanna
In Kombination mit der alten Kolonialarchitektur entwickeln manche Imbiss-Gelegenheiten einen sympathischen Charme.


typischer Strassenimbiss einer Kleinstadt
Es ist nicht unüblich, einen kleinen Imbiss aus Fensterluken oder Haustüren zu verkaufen. Hier die grössere Variante eines gut situierten Imbissstandes in einer Kleinstadt.


Schweinverkauf in kleinen Portionen an der Strassenecke
Des Kubaners Lieblingsessen ist das gemeine Hausschwein. Er zögert auch nicht, auf den Heißhunger seiner Landsleute zu hoffen und verkauft auf Anfrage auch kleinste Portionen auf einer zerschnittenen Schuhkartonpappe (in der höheren Preisstufe auch im Brötchen oder sogar mit Salatblatt).


einfache Arbeiter-Bar bei einer Zuckerfabrik
Jede Zuckerfabrik hat direkt auf oder neben dem Werksgelände eine einfache Bar für die Beschäftigten (alkoholfrei).

       



© text, photos, concept, design and program by Thorsten Bühn, Berlin, Germany